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Tokio 2020 China ruft sich selbst zum Gewinner der Olympischen Spiele aus – mit Medaillen aus Taiwan und Hong Kong

Zuschauer jubeln bei den Olympischen Spielen mit chinesischen Flaggen
In Tokio durften die chinesischen Athletinnen und Athleten jubeln – mit insgesamt 88 Medaillen landeten sie auf Platz 2 hinter den USA mit 113 Medaillen
© Swen Pförtner / DPA
Die Olympischen Spiele in Tokio sind seit einer Woche vorbei, die größten Gewinner sind laut offizieller Zählung des Internationalen Olympischen Komitees die USA. Die chinesische Regierung scheint das Staatsmedien zufolge anders zu sehen.

Eigentlich gibt es an offiziellen Tabellen, Zahlen, Fakten nicht so viel zu rütteln. Außer man dreht es wie chinesische Staatsmedien und verleibt sich mal eben andere Länder ein, die zwar zum Teil chinesische Territorien sind, aber eine eigene Regierung haben und deshalb auch eigene Nationalmannschaften nach Japan geschickt haben. Namentlich: Hong Kong und Taiwan. Das dokumentierte ein langjähriger China-Korrespondent, Don Weinland, der aktuell für die Wochenzeitung "The Economist" aus Hong Kong berichtet. Auf Twitter teilte Weinland einen Screenshot aus der Messenger-App "Weibo", der statt der insgesamt 88 Medaillen Chinas, inklusive 38 Goldmedaillen, auf einmal 42 Gold- und 106 Gesamtmedaillen zeigt.

Und wo kommen diese 18 zusätzlichen Medaillen her?

Der verbreitete Screenshot gibt nicht den offiziellen Medaillenspiegel des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) wieder, laut dem die USA sowohl bei der Zählung der Goldmedaillen als auch der Gesamtmedaillen gewonnen haben. Vielmehr zeigt der von staatlicher Seite in chinesischen Netzwerken geteilte Medaillenspiegel China auf Platz 1. Möglich machen es 18 weitere Medaillen, die nicht die chinesische Nationalmannschaft gewann, sondern die sogenannte Sonderverwaltungszone Hong Kong und Taiwan – die eigentlich mit eigenen Nationalmannschaften angetreten waren.

Der Inselstaat Taiwan konnte sich mit zwölf Medaillen den 36. Platz im Gesamtranking sichern (zwei Mal Gold, vier Mal Silber, sechs Mal Bronze). Hong Kong gewann insgesamt sechs Medaillen (ein Mal Gold, zwei Mal Silber, drei Mal Bronze) und landete auf Platz 49. Addiert man diese Medaillen zu denen des chinesischen Festlands, schieben sie China dank des Goldmedaillen-Rankings auf den ersten Platz. Voilá.

Seit Jahren gibt es in den Regionen poltitische Spannungen

Taiwan ist ein Staat, der zwar offiziell Republik China genannt wird, aber eine eigene Regierung, eine eigene Währung und eine eigene Armee besitzt. Weltweit erkennen nur 15 Staaten Taiwan als unabhängigen Staat an, einige tun es nicht, um Konsequenzen durch China zu vermeiden. Hong Kong ist eine Sonderverwaltungszone mit eigener Regierung und einer eigenen Gesetzgebung. Es wird nach dem Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" reagiert, was dem Land lange eine liberalere Gesetzgebung mit demokratischen Grundwerten wie Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit ermöglichte. Jedoch sind die Beziehungen zum Festland China seit Jahren kompliziert und deren Einflussnahme wächst.

2019 demonstrierten pro-demokratische Kräfte über Wochen in Hong Kong, da sie eine Annäherung Chinas mit einer einschränkenderen Gesetzgebung fürchteten. Die Proteste wuchsen bis zur Verabschiedung des "Sicherheitsgesetzes" der Regierung, das alles unter Strafe stellt, was als separatistisch, terroristisch oder subversiv gelten könnte. Seitdem flohen viele Menschen aus der Metropole und es gab hunderte von Festnahmen.

Quellen:  "Dailymail" / Twitter Don Winland / Bundeszentrale für politische Bildung / "fluter"

In einer früheren Versionen dieses Textes schrieben wir, dass Taiwan eine Sonderverwaltungszone Chinas sei. Diesen Fehler haben wir inzwischen korrigiert.

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